Die Kreishandwerkerschaft Süd-Ost-Niedersachsen weist darauf hin, dass die Zahl der tarifgebundenen Betriebe in den letzten zehn Jahren bundesweit erheblich zurückgegangen ist. Das belegen auch die Daten des IAB - Betriebspa-nels, einer jährlichen Befragung von 16.000 Betrieben und Verwaltungen durch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Danach wird nur noch etwas mehr als die Hälfte der Beschäftigten von Flächentarifverträgen erfasst, d.h. von Tarifverträgen, die für die Branche in einer ganzen Region (im gesamten Bundesgebiet oder einem Bundesland) gelten.
1996 arbeiteten in Westdeutschland 69 Prozent der Beschäftigten in Betrieben, in denen ein Flächentarifvertrag galt. Im Jahr 2006 waren es nur noch 57 Prozent. In Ostdeutschland sank der entsprechende Anteil der Beschäftigten von 56 auf 41 Prozent. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet das einen Rückgang um zwei Prozentpunkte im Westen bzw. um einen Prozentpunkt im Osten. Die Erosion der Flächentarifverträge ist im Westen bislang nicht gestoppt. Der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Uwe Zinkler macht für diese Entwicklung das völlige Versagen der Gewerkschaften in der Tarifpolitik verantwortlich. Lohnabschlüsse oberhalb des Produktivitätszuwachses und die kollektive Arbeitszeitverkürzung ohne ausreichende Flexibilität hätten dafür gesorgt, dass der Flächentarif für viele Firmen eine unbezahlbare Last im Kampf um Aufträge geworden sei - und immer mehr Unternehmen sich ihm in Teilbereichen oder ganz entzögen. Zudem hätten es die Gewerkschaften bis zum heutigen Tage nicht geschafft, für gleiche Löhne in Ost- und Westdeutschland zu sorgen. Deshalb gehöre, so Zinkler, das System einheitlicher Flächentarifverträge, das mit verbindlichen und unabdingbaren Tarifstandards branchenbezogen die Arbeits- und Einkommensbedingungen aller Beschäftigten regelt, offenkundig der Vergangenheit an. Es würde inzwischen längst von einer bunt gescheckten Tariflandschaft abgelöst. Diese weise ein breites Spektrum tarifvertraglicher Regelungsmuster und unterschiedliche Verbindlichkeitsgrade der Tarifbestimmungen auf.
Der Geschäftsführer weist darauf hin, dass der Anteil der Beschäftigten, die in einem Unternehmen mit einem betrieblichen Bündnis zur Wettbewerbs- und Standortsicherung arbeiten, bei 12 Prozent liege. Je größer ein Betrieb sei, desto größer sei auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein entsprechendes Bündnis vereinbart werde. Nur in knapp einem Viertel der Fälle würden betriebliche Bündnisse als Reaktion auf eine aktuelle Krise abgeschlossen. Die Mehrheit der Betriebe nutze die betrieblichen Bündnisse zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit - also um die Konkurrenzfähigkeit des Betriebes generell zu stärken oder um eine mögliche Krise von vornherein abzuwenden.
Nach der eingangs erwähnten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung spielen Zugeständnisse bei der Arbeitszeit eine etwas größere Rolle als Zugeständnisse bei der Bezahlung. 90 Prozent der Vereinbarungen zur Beschäftigungs- oder Standortsicherung enthalten Zugeständnisse der Arbeitnehmerseite bei der Arbeitszeitgestaltung, 78 Prozent bei der Entlohnung. Rund zwei Drittel der Bündnisse bringen für die Beschäftigten sowohl bei der Arbeitszeit als auch bei der Entlohnung Einschränkungen mit sich.
Diese Entwicklung sei im ehemaligen Zonenrand noch ausgeprägter als in anderen Regionen Westdeutschlands, so Zinkler abschließend.