25.01.2010

Vorsicht bei der Berechnung der Kündigungsfrist

Die Regelung der gesetzlichen Kündigungsfristen im deutschen Arbeitsrecht, die in vielen unserer handwerklichen Tarifverträge (so im Bau-, Elektro-, Maler-, Metall-, Sanitär-, Tischler- sowie im Dachdecker- und Gebäudereiniger-Handwerk) Eingang gefunden hat oder durch direkte Verweise übernommen worden ist, verstößt gegen das Diskriminierungsverbot des EU-Rechts. Dies entschied der Europäische Gerichtshof(EuGH) am 19.01.2010 in Luxemburg. Die Vorschrift, wonach Beschäftigungszeiten vor dem 25. Lebensjahr sich nicht auf die Dauer der Kündigungsfrist auswirken, sei ein Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung aus Gründen des Alters.

Die höchsten EU-Richter gaben damit einer Angestellten einer Essener Firma für Büromaterial Recht: Sie hatte geklagt, weil ihr bei Berücksichtigung der Beschäftigung vor dem 25. Lebensjahr eine viermonatige statt eine einmonatige Kündigungsfrist zugestanden hätte. Die Frau hatte seit ihrem 18. Lebensjahr in einem Unternehmen gearbeitet, das sie mit einem Monat Kündigungsfrist entließ, als sie 28 Jahre alt war. Dabei wurde ihr eine Beschäftigungsdauer von drei Jahren berechnet. Laut deutschem Arbeitsrecht müssen Beschäftigungszeiten vor dem 25. Lebensjahr bei der Berechnung der Kündigungsfrist nicht berücksichtigt werden. Die Frau machte dagegen geltend, dies sei eine verbotene Altersdiskriminierung. Die Kündigungsfrist müsse vier Monate betragen, weil sie zehn Jahre in dem Betrieb gearbeitet habe.

Es ist davon auszugehen, dass die Arbeitsgerichte dem EuGH ab sofort im Wesentlichen folgen werden und von heute an bei der Berechnung von Kündigungsfristen alle Beschäftigungszeiten heranziehen werden. Dies gilt auch für entsprechende tarifliche Regelungen, insbesondere dann, wenn durch die tariflichen Vorschriften die gesetzlichen Regelungen im Sinne nach abgebildet worden sind.

Bei der Berechnung der Kündigungsfrist sollten daher mit sofortiger Wirkung alle Beschäftigungszeiten - ohne Berücksichtigung einer Altersgrenze - herangezogen werden.